La, Le, Lu

 

"La, Le, Lu, nur der Mann im Mond schaut zu", sangen Oliver Grimm und Heinz Rühmann in dem Film "Wenn der Vater mit dem Sohne". Dieses Lied wurde 1994 unter dem Titel "Unser Lied" in einer moderneren Version noch einmal populär.

Für Blinde und Sehbehinderte sind drei Gegenstände von besonderer Bedeutung: Langstock, Lesegerät und Lupe. Erstaunlich, was diese drei Gegenstände über sich und ihre Erlebnisse zu erzählen haben:

 

"Guten Tag, mein Name ist Langstock. Ich bin sehr schlank. Mein Durchmesser beträgt 3 cm an meinem Griff und 1,5 cm an meiner Spitze. Diese ist entweder rund und so groß wie ein Tischtennisball oder lang und spitz zulaufend. Von Natur aus bin ich weiß. Doch wenn ich in die Jahre gekommen bin, wird meine Haut rau und mein Äußeres grau, und ich bin nicht mehr so gerade, wie ich es bei meiner Entstehung war. Meine Besitzer geben mir die unterschiedlichsten Kosenamen. Sie nennen mich z. B. Krummsäbel, Pfiffi oder Wedel. Man benutzt mich zur Orientierung in Gebäuden, Verkehrsmitteln und im Straßenverkehr. Dabei werde ich von meinem Besitzer entweder rhythmisch rechts und links auf den Boden geschlagen oder wie ein Kehrbesen hin und her bewegt. Dabei kann ich mein Geschick so richtig entfalten. Ich kann Bordsteinkanten, Treppen, Pfosten und andere Hindernisse, die sich auf dem Boden befinden, anzeigen.

Behilflich sind mir dabei neuerdings des öfteren spezielle Bodenplatten, die Treppenanfänge, Bahnsteigkanten oder Fahrradwege markieren.

Ab und zu treffe ich auch ein paar Beine, und frage mich wie der Mensch wohl aussehen mag, zu dem sie gehören, und ob dieser mich und meinen Inhaber mag. Sie müssen nämlich wissen, dass mir nicht alle wohlgesonnen sind.

Stellen Sie sich einmal vor, Sie laufen mit geschlossenen oder verbundenen Augen und mit mir auf eine Baugrube oder eine dieser modernen öffentlichen Fernsprecher zu. Bis ich das Hindernis erkenne, sind Sie wahrscheinlich schon in die Baugrube gefallen, oder Sie haben sich den Kopf oder ein anderes Körperteil gestoßen, weil ich Sie nicht warnen konnte. "Da kann man nichts machen", sagen Sie. Oh doch, man muss nur am Boden die Baustelle absichern und Telefonhäuschen und ähnliches so gestalten, dass sie niemanden gefährden. Ach ja, eh ich es vergesse, informieren Sie bitte andere über mich, vor allem Kraftfahrer. Alle sollten wissen, dass mein Besitzer blind oder hochgradig sehbehindert ist. Das gilt auch für Radfahrer, die gerne über meine Spitze fahren oder in deren Speichen ich mich verfange. Das kann zu schweren Unfällen führen, meinen Sie nicht auch?"

 

"Gestatten Sie, dass auch ich mich einmische. Ich heiße Lesegerät und stehe meist an einem festen Platz. Ähnlich wie eine Standuhr besitze auch ich ein Teil, das, wenn man mich benutzt, ständig in Bewegung ist. Kreuztisch nennt man das. Auf diesem Tisch, der sich nach vorne, hinten, rechts und links und im Kreis bewegen lässt, hat vieles Platz, z. B. ein aufgeschlagenes Buch, ein Bild, ein Gerät mit Display oder eine Schreibmaschine. Diese Gegenstände sehe ich mir mit einer Kamera genau an und zeige sie dem Betrachter auf einem Monitor. Früher gab es mich nur als Schwarz-Weiß-Gerät, doch heute kann ich alles, was man mir zum Vergrößern gibt, farbig wiedergeben. Oft verwendet man für mich auch falsche Namen, die mit den Wörtern "Video" oder "Fernseh" beginnen. Ich kann weder etwas empfangen, noch etwas aufzeichnen.

In jüngster Zeit kann ich aber an der modernen Technik teilhaben und mich bei der Darstellung von Computerdaten profilieren. Wenn Sie glauben, dass ich nur zum Lesen diene, so muss ich Sie enttäuschen. Einige meiner hochgradig sehbehinderten Benutzer verwenden mich auch zum Anfertigen von handschriftlichen Texten oder Zeichnungen, zur Maniküre, zum Reparieren von Kettchen, Brillen u. ä. und sogar zum Löten. Vielleicht haben Sie es schon bemerkt, wenn man meinen Namen allzu eng sieht, werde ich missbraucht und keiner schützt mich davor. Aber das ist nicht schlimm. Ich will nur helfen, fehlendes Sehvermögen auszugleichen. Ich tue dies meist im Verborgenen, denn man sieht mich nur selten in der Öffentlichkeit. Sollten Sie mir trotzdem einmal begegnen, versuchen Sie einmal, mich zu benutzen. Sie können dann feststellen, wie vielseitig meine Einsatzmöglichkeiten sind. Übrigens, bei der Erstellung dieses Textes war ich behilflich. Ach ja, Sie wollen noch wissen, wie es meinen Schwestern geht, den Lesegeräten, die Texte elektronisch einlesen und Blinden dann auf Knopfdruck mit synthetischer Stimme vorlesen. Sie haben sich in den letzten Jahren ganz schön vermehrt, so dass ich sie gar nicht mehr alle kenne. Aber, ich denke, es geht ihnen gut, denn bei ihren Nutzern sind sie immer herzlich willkommen; und sie kennen inzwischen manch zärtliches Wort aus einem Liebesbrief."

 

"Ich bin die Älteste und von der äußeren Gestalt die Vielseitigste in diesem Dreier-Verbund. Mich nennt man Lupe und es gibt mich im Taschenformat, eingebaut in einer Brille, in Verbindung mit einer Taschenlampe und ganz modern als elektronisches Gerät. Fast jeder Haushalt besitzt mindestens ein Exemplar von meiner Art, und so mancher benutzt mich, um seine Briefmarken oder Münzen genauer in Augenschein zu nehmen.

Für sehbehinderte Menschen bin ich ein unentbehrlicher Begleiter. Sie lesen mit meiner Hilfe beispielsweise Preisschilder, Fahrpläne an Bushaltestellen oder auf Bahnhöfen, Orientierungstafeln in Gebäuden, Speisekarten oder Informationen in Museen oder Ausstellungen, Das ist nicht immer so leicht wie Sie vielleicht annehmen, denn Informationen hinter Glas sind für meine Benutzer oft unzugänglich, weil zwischen Schrift und Glasscheibe ein großer Abstand ist. In diesem Fall kann selbst ich nicht mehr helfen. An Bushaltestellen hängen die Fahrpläne oft so hoch, dass mein Benutzer 2,00 m groß oder größer sein müsste, wollte er mit meiner Hilfe die Abfahrtszeiten lesen.

Ähnliches gilt für Preisschilder in Geschäften. Sie sind zu hoch oder an Kühltheken beispielsweise so weit weg, dass sich sehbehinderte Menschen fast in die Truhe stellen müssen, um an das Preisschild zu gelangen.

Ein weiteres Problem ergibt sich bei mangelhafter Ausleuchtung. Hier kann ich nur mit meiner Erscheinungsform "Leuchtlupe" helfen, aber die hat nicht jeder."

 

"Wir hoffen, wir konnten Ihnen einiges über unseren Alltag und unsere Probleme vermitteln. Sollten Sie das nächste Mal 'La, Le, Lu' hören, denken Sie bitte auch an uns, an Langstock, Lesegerät und Lupe."

 

Zurück zur Auswahl              Zurück zur Startseite